Allgemeines zur Zeugenladung
Vom Gericht, der Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei geladene Zeugen sind verpflichtet, dieser Ladung Folge zu leisten und dem Gericht Fragen darüber, was sie gesehen, gehört oder erlebt haben, wahrheitsgemäß zu beantworten. Eine Falschaussage ist strafbar. Darunter fällt auch das vorsätzliche Verschweigen von erheblichen Tatsachen oder das Vortäuschen von Unwissenheit.
Zeugen werden nicht selten mehrfach vernommen, da
- zu prüfen ist, ob der Verdacht einer Straftat vorliegt, sowie die Tatumstände erhoben werden müssen (Kriminalpolizei und/oder Staatsanwaltschaft),
- erst in der Hauptverhandlung endgültig der Sachverhalt einer strafbaren Handlung festgestellt wird (Richter).
In der Hauptverhandlung müssen Zeugen Fragen der (Laien-)Richter, des Staatsanwalts, des Verteidigers, des Angeklagten sowie eines allenfalls beigezogenen Sachverständigenbeantworten und leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Wahrheitsfindung.
Hinweis
Bedenken Sie bitte immer, dass Ihre Aussage für das Gericht oft das einzige Beweismittel zur Wahrheitsfindung ist. Vergessen Sie außerdem nie, dass auch Sie selbst in die Situation kommen könnten, in der eine Zeugenaussage vor Gericht für Sie sehr wichtig sein kann.
Unterscheiden Sie daher bei Ihrer Aussage strikt, was Sie sicher aus eigener Wahrnehmung wissen, von allen anderen Dingen, die Sie etwa vom Hörensagen wissen, was Sie nur vermuten oder was sie gar nicht wissen. Teilen Sie dies dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei auch mit. Das ist für die Beweiskraft einer Aussage entscheidend. Dinge, die Sie nur vom Hörensagen kennen, aber als Tatsache angegeben werden, werden so unbewusst zu einem falschen Beweismittel und könnten dadurch zu einer Falschaussage führen.
Die Gerichte, die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei (wie auch die Verwaltungsbehörden) sind verpflichtet, Zeugen auf die bestehenden Vernehmungsverbote und Entschlagungsrechte hinzuweisen. Vernehmungsverbote betreffen z.B. Geistliche bezüglich des Beichtgeheimnisses oder Beamte bezüglich der Amtsverschwiegenheit.
Von der Pflicht zur Aussage sind Zeugen gänzlichbefreit, wenn sie in einem Verfahren gegen Angehörige aussagen sollen. Von der Pflicht zur Aussage in der Hauptverhandlung sind Zeugen gänzlich befreit, wenn sie
- unter 14 Jahre alt sind (im Zeitpunkt der Einvernahme) und bereits im Vorfeld kontradiktorisch vernommen wurden oder
- Opfer eines Sexualdelikts geworden sind und bereits im Vorfeld kontradiktorisch vernommen wurden.
Hinweis
Die kontradiktorische Vernehmung, d.h. eine Vernehmung ohne Anwesenheit des Angeklagten, muss in der Regel von den Zeugen oder von der Staatsanwaltschaftbeantragt werden.
Nähere Informationen zur "kontradiktorischen Vernehmung" finden sich ebenfalls auf oesterreich.gv.at.
Ein Recht auf Verweigerung der Zeugenaussage haben Zeugen, wenn sie
- sich oder Angehörige durch die Aussage belasten würden,
- Mitglied einer bestimmten Berufsgruppe sind und über Informationen, die Ihnen im Zusammenhang mit dieser Funktion bekannt wurden, aussagen sollen (z.B. Psychiater, Psychologen, Mediatoren, Rechtsanwälte, Medienmitarbeiter) oder
- eine Aussage über Ihr Wahl- oder Stimmrecht abgeben sollen.
Zeugen können die Beantwortung einzelner Fragen auch verweigern, wenn sie
- damit sich oder Angehörige einem unmittelbaren und bedeutenden Vermögensnachteil aussetzen oder sich und ihre Angehörigen in einer anderen Art und Weise schaden würden,
- Opfer eines Sexualdelikts geworden sind und sich zu Einzelheiten der Tat nicht äußern möchten,
- über Umstände Ihres höchstpersönlichen Lebensbereichs oder dem einer anderen Person befragt werden.
Achtung
Auch wenn Sie von der Aussage befreit sind oder einen Grund zur Verweigerung haben, müssen Sie der Ladung trotzdem Folge leisten und persönlich vor der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht erscheinen.
Ein unentschuldigtes Nichterscheinen als Zeuge kann mit einer Ordnungsstrafe in der Höhe von bis zu 1.000 Euro und einem Kostenersatz geahndet werden oder es kann eine Vorführung durch die Polizei veranlasst werden.
Ein Verhinderungsgrund, z.B. Krankheit oder Unfall, muss rechtzeitig bei Gericht gemeldet werden (schriftlich oder persönlich). Der Zeuge gilt erst dann als entschuldigt, wenn der Grund vom Gericht auch akzeptiert wurde (Bestätigung). Berufstätigkeit oder die Annahme, dass man nichts zur Klärung der Tatumstände beitragen kann, sind im Allgemeinen kein Verhinderungsgrund.
Zeugen haben Anspruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten sowie allenfalls auf Zeugengebühren. Dafür muss die Anwesenheit des Zeugen bei der Verhandlung vom Richter auf der Ladung bestätigt werden. Weitere Informationen hierzu sind dem Ladungsformular zu entnehmen.
Die Zeugengebühr kann als
- Pauschalbetrag oder
- Ersatz für das tatsächlich entgangene Einkommen oder
- Kostenersatz für einen bestellten Stellvertreter (tatsächlich entstandener Kostenaufwand muss vor Gericht nachgewiesen werden)
beantragt werden.
Zeugen, die aufgrund von Alter, Krankheit, Gebrechlichkeit, Auslandsaufenthalt oder sonstigen erheblichen Gründen nicht in der Lage sind, vor Gericht zu erscheinen, können unter Verwendung technischer Einrichtungen (Video) vernommen werden.
Weiterführende Links
Rechtsgrundlagen
Strafprozessordnung (StPO)
Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für alle Geschlechtsidentitäten und entspricht damit in diesem Text exakt der gesetzlichen Terminologie der Strafprozessordnung (§ 515 Abs. 2 StPO).
Für den Inhalt verantwortlich: oesterreich.gv.at-Redaktion